Aufarbeitung und Vorwurf

Aufarbeitung und Vorwurf

01 Oktober 2025 75 mal gesehen

Ein Artikel im ‹Spiegel› vom 4. September über Verbindungen der Weleda zum KZ Dachau hat mediales Echo ausgelöst. Aufhänger ist eine neue Publikation der Historikerin Anne Sudrow über Zusammenhänge von SS, ökologischer Landwirtschaft und Naturheilkunde, aus der das Nachrichtenmagazin vorab zitierte.


Im Zentrum der mittlerweile erschienenen Studie steht die sogenannte ‹Plantage Dachau›, eine biodynamische Versuchsanlage, die auf Betreiben Heinrich Himmlers im KZ eingerichtet wurde und deren Leitung der frühere Weleda-Gärtner Franz Lippert übernahm. Der berüchtigte SS-Arzt Sigmund Rascher – ehemaliger Waldorfschüler, von seiner anthroposophischen Familie allerdings später distanziert – benutzte im KZ Dachau vermutlich Weleda-Frostschutzcreme für brutale Unterkühlungsversuche an Häftlingen.

Diese furchtbaren Vorgänge, im Spiegel als ‹Enthüllung› dargestellt, sind allerdings schon seit einem Beitrag des Historikers Götz Aly aus dem Jahr 1983 bekannt. Seither gab es weitere Berichte über das Thema sowie aktuelle wissenschaftliche Studien, die das Verhältnis der anthroposophischen Ärzteschaft sowie der biodynamischen Funktionäre zu NS-Organisationen beleuchten, wie das Buch von Susanne H. Gross, Matthias Mochner und Peter Selg ‹Anthroposophie und Nationalsozialismus. Weleda und WALA – die anthroposophischen Arzneimittelfirmen 1933–1945›. Die Weleda hatte außerdem die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte beauftragt, diese «kritischen Themen zu Weleda in der Zeit des Nationalsozialismus» zu untersuchen.

Die Stellungnahme der Weleda zum ‹Spiegel›-Artikel: Als Weleda verurteilen wir die Gräueltaten des Nationalsozialismus aufs Schärfste. Faschismus, Antisemitismus, Rassismus oder rechtsextremes Gedankengut haben bei uns keinen Platz. Weleda ist ein Ort der Menschlichkeit. «Nie wieder» ist Ausdruck unserer Haltung. Uns ist es ein großes Anliegen, unsere Historie transparent aufzuarbeiten. Entsprechend haben wir 2023 die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte mit einer wissenschaftlichen Studie beauftragt, die 2024 veröffentlicht wurde. Die Leitung des Kräutergartens im KZ Dachau war Teil davon. Darüber hinaus haben wir auch weiteren renommierten Historikern wie Prof. Dr. Peter Selg, Matthias Mochner und Susanne H. Gross über mehrere Jahre aktiv vollständigen Zugang zu unseren Archiven ermöglicht. Ein aktueller ‹Spiegel›-Artikel, der sich auf ein neues, noch nicht veröffentlichtes Buch der Historikerin Anne Sudrow bezieht, behauptet, dass möglicherweise Details unserer Geschichte dennoch nicht beleuchtet sind. Dies werden wir selbstverständlich nach Erscheinen des Buchs analysieren. Wir wollen eine lückenlose Aufarbeitung unserer Geschichte. Weleda ist ein weltoffenes Unternehmen. Wir sind heute in 50 Ländern der Welt aktiv und stehen für Toleranz, Vielfalt und Menschlichkeit.

Diese Nachricht erschien auch in der Wochenschrift ‹Das Goetheanum›.


Bild Ruinen des Kräutergartens im KZ Dachau. Foto: Tilman Haerdle, CC BY-NC-ND 2.0