Geistige Tiefe der Arbeit
Eduardo Rincón, Co-Leiter der Sektion für Landwirtschaft berichtet von seiner Reise nach Irland. Auf dem Programm: Demeter-Verband, Camphill-Einrichtungen und natürlich Demeter-Höfe, ein Bogen von Sitzungen und Kuhstallvisite.
In der ersten Woche nahm ich an der Konferenz in Corrymeela in Ballycastle teil, an der Nordküste Irlands. Es freute mich zu sehen, dass von den 100 Teilnehmenden die Mehrheit junge Menschen war. Diese lebendige und tiefgründige Konferenz zeigte, dass die Perspektive der Jugend Begeisterung für die Zukunft der Anthroposophie mit sich bringt. Während des Treffens herrschte ein Gleichgewicht zwischen geistiger Arbeit, künstlerischem Ausdruck sowie der Ehrfurcht gegenüber der Osterwoche und den alten Mysterien. Thema waren die Hybernischen Mysterien in der Darstellung von Rudolf Steiner. Er bezieht sich auf die Einweihungsriten Irlands und beschreibt, wie Menschen durch Erfahrungen der Polarität geführt wurden – zwischen Wissenschaft und Kunst, Winter und Sommer, dem anderen und dem Selbst. Durch diesen Weg der Selbsterkenntnis wurden die Menschen zur transformierenden Erfahrung des «Lichts in den Tiefen» geführt. Eines der Ziele des Treffens war es, Fähigkeiten zu entwickeln, um mit heutiger Polarisierung umzugehen und Wege in eine empathische und inklusive Zukunft aufzuzeigen. Orland Bishop brachte seine einzigartige Fähigkeit ein, Raum für die Arbeit an diesen tiefgreifenden Fragen zu geben. Auch Linda McKeown und Martin Donnelly, Martin Henry, Lisa Romero, Joan Sleigh und James Dyson trugen zu kulturellem, historischem und evolutionärem Verständnis bei.
Dann der Besuch von Camphill-Gemeinschaften, Höfen und einer Waldorfschule. 1954 wurde die erste Camphill-Gemeinschaft in Nordirland in Glencraig gegründet. Seitdem kamen mehr als 16 Gemeinschaften dazu, mit einer landwirtschaftlich orientierten Lebensweise, in der Menschen mit besonderen Bedürfnissen an allen Hofarbeiten beteiligt sind. In den letzten Jahren war die Camphill-Bewegung stark von Veränderungen in staatlichen Vorschriften und Einschränkungen betroffen. Viele der ursprünglichen Camphill-Gemeinschaften existieren nicht mehr oder stehen unter staatlicher Kontrolle. Eine aktuelle Einschätzung vom Leben und Arbeiten in den Gemeinschaften zeigt, dass viele nicht mehr von Rudolf Steiners und Karl Königs Impulsen inspiriert sind. Dennoch gedeihen manche Projekte dank engagierter Menschen, die neue Projekte entwickeln, viele mit biodynamischen Gärten. Ein Beispiel ist das Westcourt Garden Center, geleitet von Gladys Lydon, wo eine engagierte Gruppe von Gärtnern, Lehrerinnen und Studierenden einen alten Ort in einen biodynamischen Garten und Lernort verwandelt. Im Gemeindezentrum in Thomastown, Kilkenny sprach ich über Rhythmen in der Natur sowie biodynamische Methoden im Kontext der solidarischen Landwirtschaft. Es folgte die Frühjahrszusammenkunft der Biodynamischen landwirtschaftlichen Vereinigung Irlands auf dem Calverstown Organic Farm von Kim und Mirielle McCall. Höhepunkte meiner Reise waren die starke Gemeinschaft junger Menschen, die Resilienz und Anpassungsfähigkeit der Camphill-Gemeinschaften und die geistige Tiefe ihrer Arbeit.
Diese Nachricht erschien auch in der Wochenschrift ‹Das Goetheanum›.
Foto Eduardo Rincón