Renate Sleigh

Renate Sleigh

26 August 2020 Anne Weise 4025 mal gesehen

Die Eltern lernten sich 1927 in der Klinik von Ita Wegman in Arlesheim (ch) kennen, als sie sich dort weiter ausbilden wollten: die Krankenschwester Mathilde Maasberg und der Assistenzarzt Karl König. Renate wurde am 3. Dezember 1930 geboren, später folgten ihre Brüder Christoph und Andreas.


Nach Fluchten: Camphill

Hauptsächlich wegen seiner jüdischen Herkunft war Karl König gezwungen, 1936 Pilgramshain (damals DE, heute PL) zu verlassen. Die Mutter blieb mit den Kindern übergangsweise bei Freunden. Bald konnte die Familie in Wien (at) eine neue Existenz aufbauen. 1937 kam die Schwester Veronika hinzu. Als Österreich 1938 ans Deutsche Reich angeschlossen wurde, floh der Vater nach Ita­lien, die anderen blieben in Wien, gingen dann ins Elternhaus in Schlesien.

Mit Freunden – meis­tens jüdischer Herkunft – wollten sie im Exil eine heilpädagogische Arbeit beginnen. Dafür wurde ihnen in Schottland ein Haus angeboten. Daraufhin zogen sie im Frühjahr 1939 ins Kirkton House bei Insch – und bald auch die ersten seelenpflege­bedürftigen Kinder und ein Erwachsener (einige von ihnen waren wegen ihrer jüdischen Herkunft ebenfalls Flüchtlinge).

Renate ging ab dem 14. Leb­ensjahr auf die Waldorfschule Michael Hall in Forest Row (GB) und wohnte im Internat. Sie wurde Krankenschwester und besuchte das Camphill-Seminar, wo sie ihren späteren Ehemann Julian Sleigh kennenlernte.

1957 begann ihr neues Leben in Südafrika. Karl König war gefragt worden, dort ein Camphill zu gründen. Renate Sleigh hatte zudem immer schon eine Sehnsucht nach Afrika. Es galt, die neu gegründete Camphill-Gemeinschaft Hermanus / Wes­tern Cape zu unterstützen – gemeinsam mit Susanne und Hans Müller-Wiedemann. Ein Jahr später folgte ihr Julian Sleigh, sie heirateten 1959. Die ersten drei Kinder – Veronica, Joan und Sonya – kamen auf die Welt.

Wieder Afrika

Während Julian Sleigh das Priesterseminar der Christengemeinschaft in Stuttgart (DE) besuchte, zog Renate Sleigh mit den Kindern nach Botton Village (GB); nach seiner Weihe 1965 kehrten alle nach Südafrika zurück. Nun wurde das Camphill Village Alpha nördlich von Kapstadt (heute: Camphill Village West Coast) aufgebaut, und James und Fiona wurden ge­boren. Nach der Pionierphase war Renate Sleigh zuständig für alle medizinischen Belange im Dorf, die Weberei und das kulturelle Leben des Dorfes; zudem führte sie ein Haus mit seelenpflege-bedürftigen Erwachsenen. Sie brachte ähnliche Hingabe ins Gießen der Blumen und ins Füttern der Vögel sowie ins Meditieren und Lesen der Klassenstunden der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft.

Renate Sleigh hatte Mut, immer wieder für das einzustehen, was sie für richtig, gut und wahr hielt. Wenn dies bedeutete, sich auf eine Auseinandersetzung mit jemandem einzulassen, tat sie das. Sie war gleichzeitig offen für neue Ideen und bewegte besonders die Frage, wie Camphill in der Zukunft aussehen würde, und hinterfragte traditionelle Wege.


Punkt und Kreis

Die [Wahrheit] besteht darin, dass Sie sich am Abend einleben in das Bewusstsein: In mir ist Gott […], und am Morgen so, dass das hineinstrahlt in den ganzen Tag: Ich bin in Gott. Bedenken Sie nur, wenn Sie diese zwei Vorstellungen, die ganz Empfindung, ja Willensimpulse werden, in sich rege machen, was Sie da eigentlich tun […]: Das [die beiden Vorstellungen] ist eines und dasselbe […]. Morgens müssen Sie denken: Das ist ein Kreis, das ist ein Punkt. Sie müssen verstehen, dass ein Kreis ein Punkt, ein Punkt ein Kreis ist, und müssen das ganz innerlich verstehen. […] Im Menschen ist das verwirklicht, dass der Ich-Punkt des Kopfes im Gliedmaßenmenschen zum Kreis wird, der natürlich konfiguriert ist. […]

Lassen Sie immer wieder und wiederum in Ihrer Meditation den Punkt in den Kreis hineinschlüpfen, den Punkt zum Kreis sich ausdehnen, und spüren Sie dabei das Entstehen der Gliedmaßen-Stoffwechselorganisation aus der Kopforganisation. […] Dann werden Sie die ausgebildete Metamorphoselehre darinnen haben.

Quelle: Rudolf Steiner: GA 317, Vortrag vom 5. Juli 1924, 1995, Seite 154, und Vortrag vom 6. Juli 1924, 1995, Seite 174.