Stresstolerante Gurken, entspannte Kühe mit Hörnern

Stresstolerante Gurken, entspannte Kühe mit Hörnern

09 Dezember 2025 Anna Storchenegger & Sebastian Jüngel 18 mal gesehen

Biodynamische Landwirtschaft trägt zur Nahrungsmittelqualität, zum Tierwohl und zur ökologischen Nachhaltigkeit bei. Das zeigt die Zusammenstellung von Studien im Magazin ‹Living Farms› der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum.


Auf eine besondere Qualität biodynamisch angebauter Gurken weist ein Stresstest hin: 865 Gurken aus konventionellem, biologischem und biodynamischem Anbau wurden in Scheiben geschnitten, wieder zusammengefügt und luftdicht in Frischhaltefolie verpackt. Nach einer zweiwöchigen Lagerung bei 23,5 Grad Celsius wiesen die biodynamischen Gurken eine besonders ausgeprägte Regenerationsfähigkeit auf, etwa durch Wiederzusammenwachsen der Schnittflächen. Projektmitarbeiterin Marjolein Doesburg-van Kleffens, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Translationale Komplementärmedizin an der Universität Basel, Schweiz, stellt die Hypothese auf, dass «eine größere mikrobielle Vielfalt oder bestimmte nützliche Bakterien, die das Mikrobiom anreichern und vielfältiger gestalten, durch biodynamische Methoden gefördert werden». Die Prüfung der Hypothese bedarf weiterer Untersuchungen.

Auf der Weide sieht man sie mit und ohne Hörner – die Kühe. Hörner bei Kühen sind jedoch mehr als ein äußeres Merkmal: Gehörnte Kühe weisen bei Heufütterung einen ruhigeren, effizienteren Stoffwechsel auf, was sich in leicht erhöhter Körpertemperatur und niedrigerer Herzfrequenz zeigt. Ihre Milch ist zudem reich an Alpha-Linolensäure und enthält weniger kurzkettige Fettsäuren – ein Hinweis auf eine ausgeglichene Stoffwechsellage. Gleichzeitig belegen Studien, dass bei enthornten Kühen unter intensiver Fütterung häufiger Entzündungsmarker auftreten. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Hörner funktionale Bedeutung für das Tierwohl haben und eine integrale Rolle im Gesamtorganismus der Kuh spielen.

Der seit 45 Jahren laufende DOK-Langzeitversuch im schweizerischen Therwil zeigt die langfristigen positiven Effekte biodynamischer Bewirtschaftung auf die Bodenfruchtbarkeit. Versuchsleiter Hans-Martin Krause weist darauf hin, dass 22 Jahre Beobachtung nötig gewesen seien, «bevor sich bei gleicher Düngungsintensität signifikante Unterschiede im organischen Kohlenstoffgehalt des Bodens feststellen ließen». Er fasst das bisherige Resultat so zusammen: «In den biodynamischen Parzellen messen wir die höchste mikrobielle Biomasse, den höchsten Gehalt an organischem Kohlenstoff und eine größere Artenvielfalt – von Bodenmikroben bis hin zur Anzahl und Vielfalt an Insekten.» Lebendige, humusreiche Böden seien Grundlage für Klimastabilität, Pflanzengesundheit und langfristige Resilienz in der Landwirtschaft.

‹Living Farms› Nr. 2/2025 macht sichtbar, wie biodynamische Forschung wissenschaftliche Grundlagen für eine Landwirtschaft schafft, die ökologische, tiergerechte, wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedürfnisse verbindet.


Magazin ‹Living Farms› Nr. 2/2025, Print und Web

Gurkenstudie (auf Englisch) Marjolein Doesburg-van Kleffens, Jens-Otto Andersen, Carsten Gründemann und Jürgen Fritz: Effects of cultivation systems on the antimicrobial, colour retainment and slice healing properties of consumer ready market samples of cucumber (Cucumis sativus L.) (2025)

Kuhhörner 1 Jenifer Wohlers, Peter Stolz: Milch, Qualität und Hörner. Neue Erkenntnis durch FAS-Messungen, in: ‹Lebendige Erde› Nr. 4/2022 
Kuhhörner 2 Rindviehzuchtgruppe des Vereins für biologisch-dynamische Landwirtschaft Schweiz in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (2016)

DOK-Versuch Andreas Fliessbach, Hans-Martin Krause, Klaus Jarosch, Jochen Mayer, Astrid Oberson und Paul Mäder: Der DOK-Versuch. Vergleich von biologischen und konventionellen Anbausystemen über 45 Jahre

Titelbild Hend Hany präsentiert ihre Forschungsergebnisse zu den biodynamischen Präparaten bei der biodynamischen Forschungskonferenz 2025 an der Royal University in Cirencester, Großbritannien