Geschichte
Die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft wurde bei der Weihnachtstagung in Dornach 1923 begründet. Die Geschichte der Anthroposophische Gesellschaft hat aber früher begonnen, mit der Entwicklung der deutschen Sektion der Theosophischen Gesellschaft.
Anfänge und Grundlagen 1902-1912
Rudolf Steiner wird 1902 Generalsekretär der Theosophischen Gesellschaft in Deutschland und findet dort Interessenten für sein Anliegen: aus geistiger Praxis kulturell-sozialgestaltend zu arbeiten. Aufbau der Theosophischen Gesellschaft im deutschsprachigem Gebiet, vielfältige internationale Vortragstätigkeit und grundlegende Werke zur Anthroposophie.
Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft und Kulturinitiativen 1912-1923
Am 28.12.1912 Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft in Köln mit ca. 3000 Mitgliedern. Vielfältige künstlerische Tätigkeiten: 1910-1913 Sommerfestspiele in München mit Aufführungen von „Mysteriendramen“. Unter Mitarbeit von Künstlern und Helfern aus allen europäischen Ländern entsteht während des Ersten Weltkrieges das erste Goetheanum in Dornach bei Basel/CH. Im Nachkriegsdeutschland werden Vorschläge zu einer „Dreigliederung des sozialen Organismus“ vertreten. 1919 wird die erste Waldorfschule in Stuttgart gegründet und Ansätze zu einer anthroposophisch erweiterten Medizin vorgestellt. Das Goetheanum wird Sylvester 1922/23 durch Brandstiftung zerstört.
Neustrukturierung und Vertiefung. Neugründung der Anthroposophischen Gesellschaft 1923-1925
Die internationale Entfaltung und das Wachstum der Aktivitäten der Gesellschaft machen Restrukturierungen notwendig. In 15 Ländern bestehen Landesgesellschaften und weitere Landesgruppen mit ca. 12000 Mitgliedern. Neugründung der Anthroposophischen Gesellschaft. Die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft mit Sektionen für Allgemeine Anthroposophie, Pädagogik, Medizin, Mathematik, Naturwissenschaft etc. wird von Rudolf Steiner eingerichtet. Der Beschluss zum Wiederaufbau des Goetheanums als Mittelpunkt der Aktivitäten wird gefasst. Grundlagen der biologisch-dynamischen Landwirtschaft und der anthroposophischen Heilpädagogik werden gelegt.
Nach Rudolf Steiners Tod. Innere Differenzierung. Weltkriegssituation 1925-1945
Am 30. März 1925 stirbt Rudolf Steiner. Der Schweizer Dichter Albert Steffen wird Vorsitzender der Gesellschaft. Die angelegten Neustrukturierungen bleiben fragmentarisch, die weltweiten Initiativen werden fortgeführt. Im Herbst 1928 wird das zweite Goetheanum eröffnet. Am 1. November 1935 Verbot der mitgliederstärksten deutschen Landesgesellschaft durch die Nationalsozialisten. Teile der Anthroposophischen Bewegung arbeiten nach internen Auseinandersetzungen zeitweise unabhängig von der Gesellschaft weiter. Marie Steiner inszeniert am Goetheanum 1938 Goethes „Faust“ in beiden Teilen ungekürzt (Welturaufführung).Die Aktivitäten werden durch den Krieg erheblich eingeschränkt.
Aufbau und Konsolidierung 1945-1968
Intensive Grundlagenarbeit, Aufbauarbeit und Institutionalisierung. Rudolf-Steiner-Häuser als Kulturzentren entstehen in grösseren Städten weltweit. Lokale Gruppen („Zweige“) erarbeiten Grundlagen und bilden ein Forum für Initiativen. Weltweit entstehen Einrichtungen, Seminare und Ausbildungsstätten anthroposophisch orientierter Pädagogik, Landwirtschaft, Heilpädagogik, Kunst etc. Grundlagen für ein anthroposophische erweitertes Bankwesen werden ausgearbeitet.
Verbreitung und Professionalisierung 1969-1989
Generationenwechsel. Im Zuge der allgemeinen gesellschaftlichen Umbrüche finden anthroposophisch erweiterte Medizin, Pädagogik, Heilpädagogik und Landwirtschaft weltweit Ausbreitung mit Schulen, Höfen, Heimen und entsprechenden Ausbildungsstätten in allen Erdteilen. Kulturinitiativen in sozialen Brennpunkten wie Südafrika, Südamerika, im Strafvollzug, in der Suchttherapie usw. entstehen. Regionale und internationale Tagungskultur.
Pluralisierung und Identitätsfragen 1990 bis heute
Die Anfang des 20. Jahrhunderts im anthroposophischem Kontext gestellten Fragen sind heute gesellschaftliche Grundproblematik der zivilisierten Welt geworden. Eine partielle Integration der anthroposophischen Ansätze in das kulturelle Leben der westlichen Welt zeichnet sich ab. Ein Anknüpfen an die Gründungsimpulse der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft konturiert den Schwerpunkt im Ausbau der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Heute besteht die Anthroposophische Gesellschaft mit 42'000 Mitgliedern und Landesgesellschaften in 50 Ländern. Weltweit arbeiten ca. 10000 Einrichtungen auf anthroposophischer Grundlage.