Zusammengeführte Kunstausbildungen

Zusammengeführte Kunstausbildungen

29 August 2019 Martin Barkhoff 5790 mal gesehen

In St. Petersburg (RU) verweben eine Eurythmieausbildung, eine Sprachausbildung und nun auch eine Malschule ihre Ausbildungsgänge miteinander. Die Studierenden kommen teils von weit her, neu auch aus China. Außerdem im Haus ist eine Heil­eurythmie­ausbildung.


Sprachgestalter können von der Eurythmie lernen und Eurythmisten vom Sprechen. In St. Petersburg wurden vor gut drei Jahren eine Eurythmie- und eine Sprachausbildung zusammengeführt. Für die Bühnenarbeit finden die beiden Künste sowieso zusammen; dazu sollte man schon während des Studiums die eigene Kunst im Spiegelbild der Schwesterkunst gestärkt und kontrastiert erleben.

Getrennte Künste erleben sich vereint

Die Studierenden begegnen einander, schauen Abschlüsse an, nehmen Anteil. Natürlich können nicht die noch ungebildeten Sprecher den noch gestaltungsschwachen Eurythmisten sprechen, das schadet beiden. Aber ein Sprechchor unter Anleitung kann an der Arbeit für eine Eurythmi­egruppenform viel über dynamischeres und plastischeres Sprechen lernen, geradezu ‹sehen lernen›. Da die Sprachkraft aus den Gliedmaßen aufsteigt, kann viel und guter Eurythmieunterricht den Sprachübenden helfen. Und sinnverkörpernd sprechen lernen, das verhilft den Eurythmisten dazu, den formenden Geist auch im ‹Tanz› zu artikulieren. Die Künste stehen vereint, gerade auch, weil sie sich getrennt und vereint erleben, wie Leben, Seele und Geist im Menschen.

Schon seit zehn Jahren war eine mal­therapeutische Ausbildung mit dieser Arbeit verknüpft. Um auch hier das Künstlerische zu vertiefen, wurde nun das Therapeutische zurückgestellt, um erst einmal rechte Fähigkeiten im Malerischen selbst entstehen zu lassen, auch wenn das die Teilnehmendenzahlen verringert. Es geht um den Willen und das Vertrauen zu wirklicher Kunst, zur menschenverwandelnden Kraft urbildlicher Kunst. Solche Gewissensentscheidungen für den Geist verbinden hier die beteiligten Menschen.

Ehemalige Studierende haben in den letzten Jahren ‹Die Pforte der Einweihung› von Rudolf Steiner erarbeitet und damit auch auf dem Treffen der Mysteriendramen-­Initiativen im Goetheanum 2018 einen Eindruck hinterlassen. Einer der Mitwirkenden aus der ungarischen Inszenierung sagte: «Wir spielen, wie die meisten hier, vor allem Theater. Bei euch spürt man den Willen, ein Mysterium auf die Bühne zu stellen.»

Und nicht nur Künste finden im Initiativ­klima der ‹Gesellschaft für Anthropo­sophische Künste› zusammen. Jetzt gibt es auch eine Heileurythmie-Ausbildung. Im vergangenen Jahr begann eine Heileurythmieausbildung unter der Leitung von Margrit Hitsch. Die Ausbildung hat wahrhaftig eine Art ‹Weltruf› um den Globus geschickt: Fast 50 Studierende aus der Schweiz, aus Deutschland, Italien, Amerika und verschiedenen Städten Russlands reisen regelmäßig nach St. Petersburg, sodass mehr als der halbe Globus am Studium beteiligt ist.

Im April wurde nun auch die erste chine­sische Studentin in die Petersburger Eurythmie­ausbildung aufgenommen. Nach China strecken sich intensiver die Organe aus, lebt und lehrt doch die Leiterin der Eurythmieausbildung, Ruth Barkhoff-Keil, wenn sie nicht in St. Petersburg unterrichtet, mit ihrem Mann in Peking.

Auf dem Boden der Tradition

Fern dem ‹Westschnickschnack› steht die St. Petersburger Arbeit sicher auf dem Boden der Tradition, so wie das künstle­rische Leben in Russland insgesamt, für das Namen wie das Bolschoi und das Marinski stehen. Das könnte Studierende aus West und Ost interessieren. Vielleicht kommen in einem nächsten Kurs die indo-europäischen Sprachen Deutsch, Englisch und Russisch mit den vitalen Sprachkräften des ferneren Ostens zusammen?

An Ostern 2020 soll in St. Petersburg wieder ein Kunstfestival stattfinden. Ein Teil davon werden die Abschlussaufführungen der Eurythmisten und der Sprachstudierenden sein. Und erwartet werden nicht nur Freunde von Nah und Fern; besonders willkommen sind die künftigen Studierenden.


Eurythmieausbildung ‹Andrej Belyi›, Leitung: Ruth Barkhoff-Keil; Olga Rozanova, Nikolai Migunov (Lehrer), rozanovaov@mail.ru, ruthbarkhoff@gmx.de

Sprachgestaltungausbildung ‹Marie Steiner-von Sievers›, Leitung: Karin Hege; Veronika Shustova, Nina Samochina (Lehrer), karinhege@bluewin.ch, shustova.veronika@gmail.ru

Malausbildung ‹Maximilian Woloschin›, Leitung: Ludmilla Gudelaitis; Martin Gull, Rita Eckhard (Lehrer), ra2754@yandex.ru

Heileurythmieausbildung ‹Trude Tetter› St. Petersburg, Leitung: Margrit Hitsch; Carola Adam-Roettig, Beat Nopper, Margarita Denisova, Olga Rozanova (Kollegium), rozanovaov@mail.ru